Warum immer mehr Türken in Griechenland Urlaub machen

Warum immer mehr Türken in Griechenland Urlaub machen

Vor ungefähr zwei Jahren kündigte der türkische Staatschef Erdogan an: „Wir kommen plötzlich, eines Nachts.“ Seine Prophezeiung stand zwar in einem anderen Zusammenhang und zielte darauf ab, die griechischen Inseln einzunehmen, um an die Zeiten des Osmanischen Reiches anzuknüpfen. Doch jetzt kommen die Türken tatsächlich. Aber statt Uniformen tragen sie Badekleidung und bewaffnet sind sie bestenfalls mit gut gefüllten Geldbeuteln.

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Warum immer mehr Türken in Griechenland Urlaub machen

Eine derartige Invasion haben die Bewohner:innen der griechischen Inseln in der östlichen Ägäis bisher noch nie erlebt. Die Ausflugsschiffe zwischen den Inseln und der türkischen Küste pendeln unermüdlich hin und her.

Jeden Tag bringen sie unzählige türkische Urlauber:innen über das Meer. Im Vergleich zum Vorjahr hat sich der Reiseverkehr mehr als verdreifacht. Allein Samos zum Beispiel verzeichnete im Jahr 2023 rund 35.000 Besucher aus der Türkei. In diesem Jahr erwartet die Insel bis zu 150.000 Besucher.

Aber warum machen immer mehr Türken in Griechenland Urlaub?

Neues Visum

Bislang war es für türkische Staatsbürger:innen kompliziert, im benachbarten Griechenland Urlaub zu machen. Dafür war nämlich ein Schengen-Visum notwendig, das schwer zu bekommen ist. Seit dem Frühjahr 2024 existiert nun ein neues Express-Visum.

Es kostet 60 Euro, ist sieben Tage lang gültig und wird direkt bei der Ankunft auf den griechischen Inseln ausgestellt. Mit dem Visum ist es zwar nicht möglich, auf das griechische Festland oder in andere EU-Länder weiterzureisen. Die Besucher:innen wollen das aber auch gar nicht. Sie möchten einfach nur schöne Ferien auf der Insel verbringen.

Gleichzeitig entgehen die türkischen Urlaubsgäste der Inflation im eigenen Land. Die derzeitige Teuerung von über 70 Prozent hat dazu geführt, dass die Preise in den Hotels und Restaurants regelrecht explodiert sind. In den sozialen Medien häufen sich die Berichte von türkischen Urlauber:innen, die sich über Wucherpreise in Bodrum, Cesme, Marmaris und anderen Badeorten beklagen.

Urlaub im eigenen Land können sich viele Familien schlichtweg nicht mehr leisten. Selbst Restaurantbesuche sind mitunter kaum noch bezahlbar. Der Mindestlohn in der Türkei liegt bei rund 17.000 Lira.

Das sind ungefähr 475 Euro. Über 40 Prozent der türkischen Arbeitnehmer:innen müssen mit diesem Mindestlohn über die Runden kommen. Doch Urlaubsreisen gibt dieses Budget kaum her.

Verlorener Preisvorteil

Viele Türken können oder wollen die hohen Preise im eigenen Land nicht bezahlen. Bisher galt Griechenland als eher teures Reiseziel. Doch inzwischen bekommt man dort mehr für sein Geld als in der Türkei. Generell waren die günstigen Preise ein entscheidender Wettbewerbsvorteil der türkischen Tourismusbranche.

Dieser Preisvorteil ist aber in den vergangenen zwei, drei Jahren verloren gegangen. Die Konkurrenz durch Urlaubsländer wie Ägypten, Tunesien, Marokko und eben Griechenland wird zunehmend größer.

Für den türkischen Fremdenverkehr wird der Preisdruck zunehmend zum Problem. Im ägäischen Küstenort Bodrum ging die Zahl der inländischen Urlauber:innen im ersten Halbjahr 2024 im Vergleich zum Vorjahr um 20 Prozent zurück.

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An der Südküste in Antalya verzeichnen die örtlichen Verbände eigenen Angaben zufolge ein Minus zwischen fünf und zehn Prozent.

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Gern gesehene Gäste

Die Hoteliers und Gastronomen auf den griechischen Inseln freuen sich über den neuen Andrang. Türkische Besucher:innen sind gern gesehene Gäste. Im Unterschied zu manchen Urlaubern aus anderen europäischen Ländern treten türkische Familien freundlich und zurückhaltend auf.

Außerdem unternehmen sie mehr, besichtigen verschiedene Orte und Sehenswürdigkeiten, kehren öfter in Restaurants ein und verbringen generell mehr Zeit außerhalb des Hotels. Dadurch geben sie auch deutlich mehr Geld aus als die klassischen Pauschalurlauber:innen, insbesondere wenn diese all-inclusive gebucht haben.

Von der viel beschworenen Erbfeindschaft zwischen den Türken und den Griechen fehlt auf den Inseln jede Spur.

Türkische Urlauber:innen loben derweil die viel günstigeren Preise und das leckere Essen. Viele Gastwirte auf den Inseln halten inzwischen sogar schon Speisekarten auf Türkisch für ihre neuen Gäste bereit.

Oft brauchen die Besucher:innen diese aber gar nicht. Denn die Küchen der Nachbarländer weisen viele Ähnlichkeiten auf. Auch die griechischen Volkstänze haben die türkischen Gäste meist schnell gelernt.

Doch es sind nicht immer nur die hohen Preise im eigenen Land, die freundlichen Gastgeber, die spannende Kultur, das gute Essen oder die schöne Musik, die Griechenland zu einem beliebten Urlaubsziel für türkische Familien machen. Viele von ihnen genießen einfach die unbeschwerte Zeit.

Sie schätzen die Möglichkeit, hinzugehen, wann und wohin sie wollen, und offen auszusprechen, was sie denken. Es geht ihnen also auch ein Stück weit darum, sich nicht nur die Meeresbrise, sondern auch ein wenig den Wind der Freiheit um die Nase wehen zu lassen.

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Emine Gülcan - offizielle Immobilienmaklerin in Istanbul und Marmaris, Ali Tiyekli Immobilienmakler, Malek Sahouri - Reiseblogger, Mehmet Keskin -Rechtsberater und Christian Gülcan - Gründer EG Istanbul Service, (Vermittler in D-A-CH, Unternehmer und Redakteur dieser Webseite, schreiben hier Wissenswertes zu den Immobilienerwerb in Istanbul bzw. in der Türkei, geben viele wertvolle Immobilien-Tipps und Reiseinformationen für die Region.

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